Friedensdemo 26.4.25 in Lüneburg
Gedanken zum LZ-Beitrag vom 28.4.25, von J. Zießler
Siehe auch: Offener Brief der Friedensaktivistin & Liedermacherin Bea aus Rostock
Schon die Überschrift behauptet, dass „jetzt“ gegen die Unterstützung der Ukraine agitiert wird. Tatsächlich gab es bereits vor 2 Jahren in der LZ einen Beitrag, als wir mit 80 Menschen für gleiche Themen demonstrierten. Auch auf dem Lambertiplatz sind schon lange Plakate zur Ukraine und dieBasis ist von Anfang an auf Diplomatiekurs. Wie soll man auf einen Bericht reagieren, dessen Überschrift schon falsche Tatsachen behauptet, dessen Autor noch nicht einmal die eigenen LZ-Artikel kennt?
Es ist zwar unwichtig, aber wenn es ein Journalist seit 3 Jahren nicht schafft dieBasis korrekt zu schreiben, frage ich mich, wie Qualität bei der LZ gesichert wird.
Die Gegendemo wird groß vorangestellt und als „richtige“ Meinung konnotiert, indem die eigentliche Friedensdemo in alle Richtungen geframed wird (Reichsbürger, rechte Verschwörungsszene, Coronaleugner, rechtes Gedankengut, Querdenker (soll negativ wirken), putinfreundlich, neue Rechte, Faschisten). Bei der LZ müssen solche Marginalien, mit denen man Andersdenkende in Lüneburg kontinuierlich diffamiert, nicht erklärt oder begründet werden. Offenbar wurden die Gegendemonstranten über Flyer mobilisiert, die dieses Framing beinhalteten. Die Ausstellung Kriegskinder wurde gar nicht erwähnt.
Unsere Demo vertrat die alten grünen Werte „Frieden schaffen ohne Waffen“, z.B. mit Diplomatie statt Aufrüstung. Trotzdem meldete die grüne Ratsfrau, Andrea Kabasci, eine Gegendemo an, weil solche „Verbindungen“ so „brandgefährlich“ seien, dass man „antifaschistische Strukturen“ mehr denn je brauche. Immerhin hat Frau Kabasci auf meine Nachfragen kurz geantwortet, was gut ist und wenige Parteien heute schaffen, wenn klar ist, dass man nicht zu ihren Wählern gehören wird. Ein Austausch sei allerdings ausgeschlossen, weil mein Link (23 Bücher, die meine Interpretation unterstützen) zeige, dass man Missverständnisse nicht in einem Gespräch beheben könne.
Es ist schon surreal, wenn ich in meiner Rede gleich am Anfang feststelle, dass wir Antifaschisten sind und gleichzeitig auf der Gegenseite „antifaschistische Strukturen“ gefordert werden. Selbstverständlich wird dies auch von Zießler nicht erwähnt. Es würde nicht passen, denn was im Aufruf steht, muss einfach stimmen. In meiner Rede erwähnte ich, dass der Nationalsozialismus eine Kriegs- und Gewaltverherrlichung (Militarismus) zur Lösung von Problemen als natürlich darstellte. Aktuelle Initiativen, wie ReArm Europe und gigantischer, militärischer Schuldenaufnahme sind leider Beispiele für solche Tendenzen. Auch der Kult der Gemeinschaft ist ein Nazi-Kern, der sowohl in der neuen Kriegsrhetorik als auch in der Corona-Zeit auffiel. Die Gleichschaltung von Medien, für die in EU und DE mehrere Gesetze (DSA) und Zensurmechanismen installiert wurden/werden, sind weitere Zeichen originär faschistischer Tendenzen. Zunehmende staatliche Überwachung (Totalitarismus, Ideologie, Repression) hat ebenfalls faschistoide Züge. Selbstverständlich ist auch die Ausgrenzung von Menschengruppen oder Parteiverbote etwas, was den Nationalsozialismus besonders kennzeichnete und in der heutigen Zeit zunehmend durch den Staat verfolgt wird (AFD-Brandmauer, Ungeimpfte oder sonst nicht Narrativ/kriegskonforme Menschen). Über 2 Jahre stand Antifa als Gegendemo am Lambertiplatz und skandierte „Wir impfen euch alle!“. Eine Gegendemo, die durch die Markierung Andersdenkender mit allem nur erdenklichen Bösen und gleichzeitigem Canceln von Diskurs/Aufklärung, kann diesen Feind für immer bekämpfen, den sie benötigt, um das Fehlen der eigenen Identität zu kompensieren. Zu erkennen, dass man selbst betreibt, was man bekämpft, gehört zu den schwierigsten Entwicklungen eines Menschen, gleichzeitig aber zu den wertvollsten.
Offenbar wollen da zwei Gruppen das gleiche (Frieden & Antifaschismus). Was ist das Problem?
Aus meiner Sicht gibt es mehrere Probleme, die zu diesem surrealen Zustand geführt haben. Einen beschreibt Prof. Michael Esfeld in seinem Buch „Land ohne Mut“. Was wir hier spüren sind die letzten Züge der sog. Postmoderne, die die Moderne im letzten Jahrtausend ablöste.

Menschen, die allein in postmodernen Werten denken, können Menschen missverstehen, die moderne Werte betonen (und umgekehrt). Was dem einen als ideologischer Extremismus erscheint, kann für den Anderen angesagte, postmoderne Kultur sein.
Die Lösung dieses Problems liegt, wie so oft, in einer Synthese (Habermas). Die modernen Werte sollten nicht aufgegeben, sondern durch postmoderne ergänzt werden. Insbesondere, wenn Parteien und Organisationen rein postmoderne Werte verfolgen, werden massive Probleme entstehen, die wiederum postmodern verarbeitet werden. Das führt zu Realitätsverlust und damit letztlich zum Zusammenbruch des Staates sowie wirtschaftlichem und sozialen Zerfall.
Die obige Problematik blockiert stellenweise jeden Diskurs, weil man sich schon bei den Grundwerten missversteht. Hinzu kommen noch psychologische Grundtypen (Big five), die ebenfalls unterschiedliche Kernwerte haben und natürlich unterschiedliche Kompetenzniveaus, Medienkanäle und Groupthink. Bleibt festzuhalten „Kommunikation ist eigentlich ein Wunder“.
Der zweite, wichtige Grund ist ein wachsender Kapitaleinfluss, transnationaler Akteure in politische und gesellschaftliche Entscheidungen. Man kann es besser Korruption oder Globalisierung nennen, die auch Machtstrukturen betrifft, die die demokratische Souveränität der Länder schleichend untergraben. In seiner Reinform entspricht es dem Korporatismus, der wiederum ein Kennzeichen von Faschismus ist.