UNZENSIERT 8: Das Spiegelbild des Faschismus
Folge 8: 7.5.23, 8:00 Uhr, in ZuSa-Übersicht zum Nachhören
Moin, moin aus Lüneburg! Sie hören die achte Folge von UNZENSIERT im Bürgerfunk von Radio ZuSa. Verantwortlich für die Sendung ist Marc Dzaebel. Ich beschäftige mich heute mit dem Spiegelbild des Faschismus. Ich bin Informatiker, werte seit 3 Jahren wissenschaftliche Studien auf meiner Webseite corona-diskurs.de aus und bin Mitglied der Partei dieBasis. Wer die Aussagen überprüfen möchte, findet auf der Webseite Texte, Quellen und die Sendungen zum Nachhören.
Warum widerspricht momentan so vieles dem gesunden Menschenverstand und mehrere Krisen entstehen gleichzeitig? Warum wurden in den letzten Jahren Menschen abgewertet, geframed, entmenschlicht und in die rechte Ecke gestellt? Warum kann man über bestimmte Themen nicht mehr diskutieren? Warum gab und gibt es weiter Haltungsjournalismus und warum soll das alles nicht aufgearbeitet werden? All diese Fragen haben wahrscheinlich eine Gemeinsamkeit. Diese Gemeinsamkeit zu verstehen, könnte helfen, die Spaltung der Gesellschaft, die letztlich unser aller Fortschritt behindert, zu überwinden. Der Wiener Philosoph Ortwin Rosner hat kürzlich einen Vortrag [^] gehalten, der zur Klärung der Fragen sicher beitragen kann. Er heißt, „Wie die Waldheim-Affäre den Antifaschismus umdrehte“. Vieles im Vortrag ist speziell auf Österreich bezogen, daher habe ich mich entschieden, diejenigen Passagen zu zitieren, die gleichermaßen auf Deutschland und andere Länder beziehbar sind. Ortwin Rosner hat sich bereits früh mit dem Unbewussten in der Literatur auseinandergesetzt, was er jetzt in seiner Analyse nutzt.
Da wohl nicht jeder, mit der genauen Bedeutung des Begriffs Faschismus vertraut ist, hier die Definition des Experten Robert Paxton. Er sagt, Faschismus sei gekennzeichnet „durch eine obsessive Beschäftigung mit dem Niedergang, der Demütigung oder der Opferrolle einer Gemeinschaft sowie durch einen kompensatorischen Kult um Einheit, Stärke und Reinheit.“ Hinzu kommen eine „Massenpartei entschlossener militanter Nationalisten“, die mit traditionellen Eliten zusammenarbeitet und demokratische Freiheiten abschafft. Innere Säuberung und äußere Expansion sollen „mit einer als erlösend verklärten Gewalt erreicht werden“.[11] Man kommt nicht umhin, einige dieser Kriterien in den letzten 3 Jahren in unterschiedlicher Ausprägung wiederzufinden. So kann man schon etliche Hinweise finden, dass die Gemeinschaft sich aufopfern sollte, dass es einen Kult um Einheit und Reinheit gab und demokratische Freiheiten eingeschränkt wurden. Auch Tendenzen zur inneren Säuberung waren und sind leider weiterhin zunehmend wirksam. Man denke z.B. an die neuen Gesetze gegen die Delegitimierung des Staates oder das neue Denunziantengesetz, das man natürlich lieber Hinweisgeberschutzgesetz nennt und die vielen Zensur-Gesetze, die natürlich nur Desinformation verhindern sollen. Dabei ist Deutschland hier gar nicht Vorreiter, sondern Irland, das aktuell das radikalste Zensurgesetz in Europa einführt. „Wer in Irland künftig Medien liest oder teilt, die nicht aus dem ‚Mainstream‘ kommen, macht sich strafbar“. Das ist ein beispielloser Angriff auf die Redefreiheit.
Weitere Kriterien von Faschismus sind meist: Einparteiensystem, Unterwerfung aller vor dem Führer (also ein Führerprinzip), rechtsextreme, rassistische und fremdenfeindliche Ansichten. Hier sieht man zumindest bei der Konzentration der Macht über das Ausschalten des Parlaments und die Einführung einer gesetzlich nicht vorgesehenen Ministerpräsidentenkonferenz als Entscheidungsgremium zwar keinerlei Einparteiensystem, aber eine unzulässige Machtkonzentration. Zum Rechtsextremen gehört übrigens der Militarismus, also die Verherrlichung des Krieges. Auch diese Tendenz ist mit Blick auf den Ukraine-Krieg eher steigend. Zum Rechtsextremismus gehört, dass die Gemeinschaft vor dem Einzelnen steht und Bürger sich der Staatsräson unterordnen sollen. In der Corona-Zeit hätten das viele unterschrieben, ohne zu erkennen, dass eine starke Ausprägung der Staatsräson rechtsextrem zu werten ist. Nationalsozialismus ist übrigens ein Faschismus, der zusätzlich einen obsessiven Antisemitismus, der über die anfängliche Entrechtung der Juden schließlich in deren systematische Vernichtung (Genozid) mündete.
Nach diesen Vor-Erklärungen, nun zum versprochenen, Vortrag von Ortwin Rosner, den ich um die nur für Österreich geltenden Anteile gekürzt habe:
Die Grundthese lautet, dass es irgendwann in den 80er-Jahren zu einem Umbruch in Ausrichtung und Funktion des Antifaschismus gekommen ist.
Was mir ins Auge sticht, das sind ein paar eklatante Unterschiede zwischen dem Antifaschismus der Nachkriegszeit, der 68er-Generation, auch noch der 70er-Jahre einerseits und der Art Antifaschismus, wie sie sich eben ungefähr ab Mitte der 80er-Jahre etablierte und seither radikalisiert hat, andererseits.
Was als allererstes auffällt, das ist natürlich der Unterschied im intellektuellen Niveau. Eins ist klar, es ist damals eben nicht bloß darum gegangen, den Faschismus als etwas hinzustellen, was nur von ein paar durchgeknallten Schwurblern ausgeht. Der wirkliche Antifaschist von damals hat gewusst, dass der Faschismus etwas ist, was als Potential sozusagen in uns allen wohnt, in einem jeden von uns, aus jedem herausbrechen kann, auch aus einem selbst, und auch, dass er ein allgemeines gesellschaftliches Problem ist, nicht das Problem einer Minderheit. Der Faschismus und die gesellschaftliche Normalität waren etwas, was in einer großen Nähe gesehen wurde. Man denke etwa an sozialpsychologische Untersuchungen wie das Milgram-Experiment, die in diese Richtung gearbeitet haben. Dementsprechend hat man sich als linker Intellektueller und Antifaschist immer auch als Gesellschaftskritiker verstanden, als Kritiker der herrschenden gesellschaftlichen Zustände, des Systems, des Establishments, der gesellschaftlichen Autoritäten. Gehorsam gegenüber denen war automatisch verdächtig.
Man beachte einmal die Umdrehung, die seither passiert ist. Heute läuft die Kodierung gerade umgekehrt. Erstens ist heute der Nazi immer der Andere, natürlich nie man selbst, der Antifaschismus dient der Gesellschaft nur mehr dazu, das eigene Böse nach außen zu projizieren, es gibt eine geistig völlig unbedarfte Schwarzweißmalerei; und zweitens wird ganz umgekehrt heute alle Gesellschaftskritik, alle Kritik am System, grundsätzlich einmal als „rechts“ kodiert. Damit verlor der Antifaschismus auch seinen grundlegend gesellschaftskritischen Charakter. Ein völlig reduzierter Begriff von Antifaschismus bürgerte sich ein, der sich letztlich darauf beschränkte, dass man gegen Ausländerfeindlichkeit war. …
Das ist ja alles gut und schön, könnte man meinen, aber das Ergebnis all dessen war, dass der Antifaschismus zur Staatsphilosophie mutierte, zur Staatsdoktrin, oder von mir aus auch zur Staatsideologie. Man kann hier von mir aus ganz simpel das Schicksal ersehen, dass viele kritische Bewegungen in der Geschichte ereilt hat: Was die ursprüngliche Idee, die ihnen zugrunde lag, zerstört hat, das war gerade ihr Erfolg. So etwas scheint auch mit dem Antifaschismus passiert zu sein. Er wurde auf einmal zur Ideologie der Mächtigen. Und die Mächtigen haben ab nun den Antifaschismus verwendet, um sich selbst zu beweihräuchern, sich selbst als die Guten darzustellen und das eigene Handeln zu legitimieren. Das erste große Ereignis, wo das für mich zum Tragen kam, war meines Erachtens die EU-Volksabstimmung, wo das schon begonnen hat. Da hat das schon angefangen, dass man alle Kritiker nach Möglichkeit ins rechte Eck gestellt und mit Nationalisten in einen Topf geworfen hat. Aber nicht nur in Österreich, sondern im ganzen Westen wurde diese Strategie in den folgenden Jahrzehnten immer massiver ausgebaut. Man denke etwa an Joschka Fischer, der den deutschen Kriegseintritt im Kosovo-Konflikt mit dem Verweis auf Auschwitz gerechtfertigt hat, oder an jene Nato-Propagandisten, die der Reihe nach Milosevic und dann Saddam Hussein und jetzt eben Putin Hitler gleichgesetzt haben, oder auch bis zu jenen Meinungsmachern, die die Corona-Maßnahmenkritiker mechanisch in die Nähe von Rechtsextremisten gerückt haben. Die Effektivität dieser Art von Instrumentalisierung antifaschistischer Rhetorik durch die Mächtigen liegt auf der Hand: Wer Einspruch dagegen erhebt, markiert sich dadurch selbst als Nazi-Freund, als Kumpel Hitlers, als einer, der Genozid usw. leugnet oder gar gutheißt. Kurz gesagt: Unsere ganze westliche Staatengemeinschaft, unsere westliche Politik, die führenden gesellschaftlichen Instanzen, selbst die westlichen Medien erklärten sich selbst zu antifaschistischen Institutionen, und dann ist logischerweise jeder, der grundlegende Kritik an ihnen übt, so etwas wie ein Nazi oder Rechtsextremist. Das ist letztlich das Spiel, was da läuft.
Im Zuge der Waldheim-Affäre 1986 war es das erste Mal, dass so ein richtiger Kampagnen-Journalismus gegen eine bestimmte Person betrieben wurde. Bei Waldheim war es das erste Mal, dass von einer breiten, linksliberal orientierten und sich selbst als antifaschistisch verstehenden Meinungsmacher-Maschinerie so ein Kampagnen-Journalismus inszeniert wurde. Das galt als progressiv, diese Stimmungsmache wurde von den geistigen Eliten gut geheißen, nicht nur von Journalisten, sondern auch von Künstlern und Intellektuellen vorangetrieben, und dann vielleicht noch mit dem Begriff „Vergangenheitsbewältigung“ umwölkt. Und das, behaupte ich, war die Blaupause für vieles, was nachher gekommen ist.
Das Auffällige war die Empörungsmaschinerie, die damals in Gang gekommen ist, und diese damit verbundene, ganz eigene Art von Selbstgerechtigkeit. Damals entstand aus meiner Sicht allmählich das, was man heute als „Haltungsjournalismus“ bezeichnet. Man selbst ist der gute Linke und Antifaschist, die Rechten sind sozusagen das schlechthin Böse.
Die ganze Erscheinung wurde darauf reduziert, dass es da eben einfach ein paar Depperte in unserer Gesellschaft gibt, ein paar unbelehrbare Altnazis, oder dass das lauter Ungebildete sind, die rechts wählen und auf Lügen reinfallen. Oder dass es eben so etwas wie eine braune DNA gebe usw.
Übrigens hat das — nur so nebenbei — damals auch die ganze Kunst- und Kulturszene beeinflusst, da wurde auch in der österreichischen Literatur die Zeit der „Vergangenheitsbewältigung“ eingeläutet. Wer literatur-interessiert war, der musste in Thomas Bernhards teilweise ziemlich seichtes Geschimpfe über die Nazis und Katholiken einstimmen und das super finden. Und am Ende der Entwicklung steht, dass wir nicht nur in der Medienlandschaft, sondern auch in der Literaturszene mittlerweile einen völlig verflachten Antifaschismus haben und man als Autor in gewissen Zirkeln teilweise gar keine Chance hat voranzukommen, wenn man da nicht einstimmt und irgendetwas schreibt, wo Altnazis oder Rechte schlecht wegkommen, es ansonsten aber keine Gesellschaftskritik mehr gibt.
Worauf ich aber jetzt hinaus will — so etwas hat ja Konsequenzen, wenn bestimmte Personen als das schlechthin Böse markiert werden. Konsequenzen, mit denen wir es heute noch zu tun haben. Denn gegenüber dem schlechthin Bösen ist natürlich auch alles erlaubt. Ich kann mich erinnern, dass damals schon unter manchen Linken durchaus ernsthaft gesagt wurde, ja, den Jörg Haider, da müsste eigentlich jemand eine Pistole nehmen und den erschießen. Ich meine, jetzt abgesehen von der moralischen Dimension, das eigentliche Problem ist dieses völlig reduzierte Politik-Verständnis, das daraus spricht. Als ob man politische Probleme löst, indem man eine bestimmte Person verschwinden lässt. Das Einzige, was solche Ideen in der Linken bewirkt haben, das ist deren eigene intellektuelle und moralische Verwahrlosung. Hier ist eben auch die Wurzel für ein Phänomen, mit dem wir es während Corona zu tun bekamen: Wie ist es möglich, dass linksliberale und angeblich antifaschistische Meinungsmacher plötzlich selbst jenen faschistoiden Hate-Speech in Szene setzen, den sie bislang kritisiert haben, wenn sich Rechtspopulisten solcher rhetorischer Methoden bedient haben? Wieso können sie plötzlich eine totalitaristische und autoritäre Politik befürworten, wenn sie doch bisher selbst immer gegen den Totalitarismus und das Autoritäre waren? Wie ist so eine kognitive Dissonanz möglich?
Nun, die Erklärung ist einfach. Sie können es tun, weil sie davon überzeugt sind, gegen das Böse ins Feld zu ziehen, gegen das schlechthin Böse, und gegen das Böse ist alles erlaubt. Gegen das Böse darf man auch selbst böse sein. Man muss verstehen, dass das der Grundgedanke ist, der hier im Hintergrund läuft.
Man geht also gegen eine anti-demokratische Entwicklung selbst mit antidemokratischen Mitteln vor. Da sind wir eben wieder genau an diesem Punkt: Darf man gegen das Böse selbst mit bösen Mitteln vorgehen?
Man hat sich entschieden: ja. Der Zweck heiligt die Mittel.
Und das war dann die Rutsche für vieles, mit dem wir es heute zu tun haben. Beispielsweise wurde jetzt ein Friedensaktivist in Berlin zu 2000 € Geldstrafe verurteilt, bloß deswegen, weil er auf einer Demo gesagt hat, man müsse auch versuchen, die Motive der Russen verstehen. Das hat gereicht für eine Verurteilung, denn er habe damit implizit seine Zustimmung zum verbrecherischen Handeln Russlands erteilt, lautet die Argumentation des Gerichts.
Man sieht da aber schön zweierlei, was charakteristisch für den neuen Antifaschismus ist, wie er seit den 80er-Jahren entstanden ist:
- Man glaubt, man schützt unsere Demokratie, indem man dafür demokratische Rechte – wie eben die Meinungsfreiheit – opfert.
- Man Überträgt man diesen Grundgedanken nun auch auf andere Themen. Das heißt, man darf nicht nur den Holocaust nicht in Frage stellen, sondern mittlerweile wird auch bei anderen Themen die Meinungsfreiheit beschnitten.
Pate für diese Spielform des Antifaschismus ist, nebenbei gesagt, das sogenannte „Toleranzparadoxon“ Karl Poppers. Darauf berufen sich die antifaschistischen Stimmungsmacher immer wieder. Karl Popper ist ein berühmter österreichischer Wissenschaftstheoretiker und politischer Philosoph. Was ist das „Toleranzparadoxon“? Das ist ein Gedanke, den Popper in seinem Buch „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“ dargelegt hat. Kurz zusammengefasst besagt es: „Keine Toleranz den Intoleranten!“ Denn wenn man den Intoleranten gegenüber tolerant ist, werden die Toleranten von ihnen vernichtet. Ein nachvollziehbarer Gedanke. Leider hat Popper aber damit nicht sehr weit gedacht. Er hat nicht vorausgesehen, dass es auf dieser Grundlage sehr leicht ist, auf irgendjemanden zu zeigen und zu behaupten: „Das ist ein Intoleranter!“ – und ab nun darf man mit dem alles machen, was man will.
Der Grundgedanke ist immer der Gleiche: Der andere ist das Böse und aufgrund dessen darf nun auch ich zu ihm böse sein, ohne dass ich böse bin, ich bin trotzdem ein guter Antifaschist. Der andere ist ein Feind unserer Demokratie, und aufgrund dessen darf ich mich anti-demokratisch ihm gegenüber verhalten, ich muss ihm seine demokratischen Rechte nicht mehr zuerkennen. Von dem her lassen sich viele Widersprüche und Eigentümlichkeiten des heutigen Diskurses verstehen.
Vor allem befinden wir uns dadurch in einer Art von Diskurs, wo es nur mehr darum geht, den anderen als Nazi zu markieren, und schon habe ich dadurch über ihn gewonnen. Weitere Diskussionen sind dann gar nicht mehr möglich.
Und es sei darauf hingewiesen, dass es dadurch natürlich nicht nur zu einer Umdeutung des Anti-Faschismus gekommen ist, sondern vor allem auch zu einer Aushöhlung des Begriffs des Faschismus selbst. „Faschismus“, „Nazi“, „Rechtsextremismus“, „Antisemitismus“, oder auch der damit zusammenhängende Begriff „Verschwörungstheorie“, das sind ja alles nur mehr Worthülsen geworden, völlig entleerte Ausdrücke, mit denen inflationär, unlogisch und willkürlich um sich geworfen wird.
Also es reicht zum Beispiel, dass einer behauptet, dass der Begriff „Schulmedizin“ von den Nazis verwendet worden ist – und im Handumdrehen gilt jeder, der das Wort „Schulmedizin“ verwendet, als Nazi. (Das ist nicht etwa Satire, so läuft das teilweise tatsächlich ab.)
Aber das Merkwürdige ist: Dieser absurde Gebrauch der Begriffe tut ihrer Effektivität keinen Abbruch. Es geht nur mehr um einen Kampf um die Deutungshoheit, um die Diskursmacht, damit man bestimmen kann, wer ein Nazi ist und wer nicht. Und der Nazi ist immer im Unrecht. Dieses Argument überwiegt alle anderen. Das muss man verstehen, wenn man verstehen will, was in den Köpfen der Antifaschisten heutzutage vorgeht. Nazi, das ist fast schon ein religiöser Begriff geworden, so wie früher mal Teufel und Anti-Christ. Wenn man das nicht begreift, dann begreift man die heutigen Debatten nicht. Wer im Diskurs als Nazi oder Nazi-Freund markiert ist, der ist ein abgefallener Engel, das absolut Andere, das absolut Böse, das Unverständliche und Unverstehbare. Schon es verstehen zu wollen, gilt als Sündenfall, gilt als Relativierung von Verbrechen.
Ich meine, ich glaube, ich brauche Euch nicht zu sagen, dass sowohl Waldheim wie auch Haider mir denkbar unsympathisch waren. Aber das ändert ja nichts daran, dass der Umgang mit ihnen fragwürdig war und welche problematischen politischen Konsequenzen das langfristig hatte und immer noch hat. Rosner sagt: Es ist für mich persönlich faszinierend zu sehen, wie die jüngsten Entwicklungen mich plötzlich in einem diffusen Gefühl bestätigen, das ich schon vor 30-40 Jahren hatte, als junger Mensch: Irgendetwas stimmt mit dem Ganzen nicht, das habe ich schon damals immer irgendwie gefühlt. Und heutzutage wird das auf einmal konkret fassbar! Man kann die Früchte sehen, jetzt erst, nach Jahrzehnten, die das hervorgebracht hat. Heißt es nicht bei Hegel „Erst wenn etwas an sein Ende gekommen ist, dann weiß man, was es gewesen ist“? So oder so ähnlich, glaube ich.
Heute stehen wir bei einem Sacha Lobo, Spiegelkolumnist, der sich für links und liberal hält und ganz sicher nicht glaubt, dass er ein Faschist sein könnte, der aber die Sprache von Altnazis und Nationalisten des vorigen Jahrhunderts aufwärmt, wenn er Friedensdemonstranten als „egoistische Lumpenpazifisten“ bezeichnet. Und das scheint ihm nicht einmal bewusst zu sein und stößt im Mainstream auf keinerlei Kritik. Wie ist so etwas möglich? Man hat sich in das Spiegelbild dessen verwandelt, was man bekämpft — oder zu bekämpfen vorgibt. Ich denke, das ist ein Schlüsselsatz, um zu verstehen, was da gelaufen ist: Man hat sich in das Spiegelbild dessen verwandelt, was man bekämpft.
Zu dem Vortrag von Rosner passt ein Essay mit dem Titel „Grün ist das neue Rechts“. Ein viel beachteter Beitrag von von Hannes Hofbauer. Seine Diagnose, wonach die Grünen durch ihren Inhalt auf „Kriegsbegeisterung, Verbotskultur, geopolitischen und kulturellen Missionierungseifer, Affinität zum autoritären Staat und jede Menge erschaffene Feindbilder“ hinwirken, ist dabei gänzlich zuzustimmen. Thomas Oysmüller schreibt, dass mit dieser Aufzählung die Form grüner Politik treffend erfasst wird. Aber macht es die Grünen deshalb schon zu Rechten? Nur, wenn man in einem politischen Schema des letzten Jahrhunderts denkt. Um das Phänomen der Grünen zur erfassen, reicht das Links-Rechts-Schema nicht aus. Es stammt aus der Zeit nach der Französischen Revolution. In der Nationalversammlung beanspruchten Adel, Vertreter der Kirche und des alten Regimes die Plätze rechts. Bürger und Revolutionäre hatten die Plätze links eingenommen. Links/Rechts entstammt der Zeit der politischen Aufklärung. Solange der Monarch das Volk geführt hatte, war dieses Ordnungssystem nicht zu gebrauchen. Und in solche eine vor-aufklärerische Zeit führt uns die grüne Politik zurück.
In der jüngeren Zeit hat das Schema „links/rechts“ die politische Welt völlig durchdrungen. Weil die Begriffe auch als politische Kampfbegriffe verwendet werden, um Gegner aus dem politischen Diskurs zu drängen, ist es kaum möglich, sich diesem Rahmen zu entziehen. Auch wenn sich eine politische Bewegung nicht diesem Schema unterwerfen will, wird sie stets von außen mit einem der beiden Begriffe markiert.
Und dabei sind es gerade die den Grünen unterwürfigen Medien, die nicht genug bekommen von „links“ und „rechts“. Die Grünen selbst stehen aber schon außerhalb dieses Systems, weil ihre Politik nicht auf politischem, sondern auf religiösem Anspruch aufbaut. Das „Phänomen“ Grün ist anti-aufklärerisch und somit nicht „links“ oder „rechts“.
„Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“, dieser Satz von Immanuel Kant wurde zum Leitspruch der Aufklärung. Das politische Programm der Grünen ist aber ein direkter Angriff darauf, sich „seines eigenen Verstandes zu bedienen“. Du sollst nicht denken, denn wer denkt, könnte Prinzipien, die von den Grünen und ihren Medien als quasi religiöse Wahrheiten – also z.B. Klima, Corona, Gender, Krieg – verkauft werden, hinterfragen. Da die Grünen auch die angeblichen Wahrheiten transportieren können, verkörpern sie das Gute und Richtige. Ihr politisches Programm wurde zu einer religiösen Autorität erhoben.
Elena Louisa Lange, Philosophin und Journalistin, formuliert das in der „Weltwoche“ so:
“Seit primär die Grünen im Namen des Guten den Corona- und Klima-Totalitarismus, eine neue Kriegsbegeisterung, sowie einen Kult von (Sprech-)Verboten etabliert haben, ist das Rechts-Links-Schema für eine Analyse des Phänomens der Grünen wenig zielführend. Daher ist ‘Grün’ auch nicht ‘das neue Rechts’: Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus haben als politische Machtmodelle ausgedient.
Viel gefährlicher ist das Unternehmen der Grünen, ein post-politisches, um nicht zu sagen, postideologisches Zeitalter einzuläuten: politische Inhalte werden zugunsten der ‘richtigen Haltung’ abgeschafft. An die Stelle von Interessenabwägungen tritt die Religion ‘unaufhaltsamer Sachzwänge’ (Corona, Klima), deren einziger Sinn es ist, Widerspruch aufs Penibelste zu verfolgen.”
An vielen Stellen hat grüne Politik längst den politischen Boden verlassen und sich in eine religiöse Lehre begeben. Rationales Denken ist dabei ausgeschaltet. Nur so können Frauen mit männlichen Geschlechtsteilen, „Net Zero“-Fantasien, der Ausschluss Ungeimpfter, obwohl die „Impfung“ nicht vor Ansteckung schützt oder Waffen, die Frieden bringen sollen, argumentiert werden. Vernunftgeleitet ist diese Politik schon lange nicht mehr.
E. L. Lange verweist in der Weltwoche auf Voltaire und die Gefahr fanatischen Denkens:
„Wie in mittelalterlichen religiösen Sekten gilt: je verrückter die Behauptung, umso fanatischer wird sie verteidigt. ‘Wenn man die Menschen dazu bringen kann, Absurditäten zu glauben, kann man sie auch dazu bringen, Gräueltaten zu vollbringen’, soll Voltaire gesagt haben. Die Gräueltaten des grünen Mindsets zielen dabei nicht nur auf materielle Enteignung und einen neofeudalen Machtzuwachs technokratischer Interessengruppen wie des IPCC(Weltklimarat)oder der WHO, sondern auf dieEnteignung des Denkensüberhaupt.“
Die grüne Religion geht weit über die grüne Partei hinaus. Die Partei stellt nur die Speerspitze dar, hat aber fast das gesamte politische Spektrum durchdrungen. Ein perfektes Beispiel: Der EU-„Green Deal“, der die EU „klimaneutral“ machen soll, wird von einer konservativen Kommissionspräsidentin durchgezogen. Auch im EU-Parlament stellen die Konservativen die größte Fraktion. Ebenso haben grüne Dogmen, etwa wie „der Klimawandel ist größte Herausforderung unserer Zeit“ oder das Geschlecht ein subjektives Gefühl wäre, die meisten sozialdemokratischen oder liberalen Parteien durchdrungen. Dazu kommt noch die überwältigende Mehrheit der Redakteure im Mainstream. Diese benötigen keinen Zensurapparat, weil sie grüne Dogmen als wahr und unhinterfragbar annehmen – und in diesem Rahmen auch berichten. Es gebe noch viele andere konkrete Beispiele, mit denen die “Ver-Grün-isierung” der Politik anschaulich gemacht werden könnte. Das wäre dann aber eine eigene Sendung.
Das war die achte Folge von UNZENSIERT. Auf der Webseite corona-diskurs.de findet Ihr die Sendungen sowohl zum Nachhören, als auch in Textform mit hinterlegten Quellen. Wer analog mit uns sprechen möchte, für den sind wir jeden Samstag in Lüneburg auf dem Lambertiplatz von 11-14 Uhr verfügbar. Verantwortlich für die Sendung war Marc Dzaebel. Danke fürs Zuhören und einen erholsamen Sonntag!